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Sehnsucht

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Sie sehnte sich. Manchmal leise, manchmal quälend.

Wo war sie? Und wer war sie?

Sie fühlte sich fremd – in ihrem Körper, ihrem Leben, ihrer Welt.

 

Suchende war sie gewesen, immer schon – manchmal dachte sie, sie habe gefunden, wonach ihr Herz hungerte, dann wieder verlor sie es wieder. Nie hatte sie etwas festhalten können – keinen Besitz, keine Freundschaft, keine Liebe, sogar ihre Sehnsucht ging ihr hin und wieder verloren.

 

Irgendwann kam es ihr so vor, als wäre sie nicht dazu auf die Welt gekommen, ein Ziel zu erreichen, sondern nur aus dem einen Grund, ihre Sehnsucht immer wieder zu finden.

 

Von Leben zu Leben war sie gewandert, in einigen hatte sie gefunden, in anderen verloren, in wieder anderen nur gesucht nach verlorenem Gefundenem.

Und immer war es Heimat gewesen – Heimat suchen, Heimat finden, Heimat verlieren.

Die Heimat war nie eine Familie gewesen, oder ein Haus, ein Land, eine Kultur. Auf der materiellen Ebene, waren es am ehesten es Landschaften gewesen – einsame, rauhe Waldgegenden, so Kobolde ihr Unwesen trieben und Elfen seltsame Blumen pflanzten.

Wo niemand war – da fühlte sie sich wohl.

 

Aber wonach hungerte sie in Wahrheit? Wer war sie, und wohin wollte sie?

 

Sie war ein einsames Wesen, weder Mann noch Frau, sie war nicht einmal menschlich, jedenfalls empfand sie sich nicht so.

Die Zeit, in die sie hinein geboren worden war, war eine der Umbrüche, der Veränderungen, der Tragödien und Chancen. Es berührte sie nicht. Sie empfand, was sie sah, fühlte, beobachtete und miterlebte nur als die Oberfläche – was sich allerdings dahinter abspielte, das wusste sie nicht.

Sie wusste nie etwas. Und es war ihr auch gleichgültig, denn jedes Wissen war ja nur Teil eines anderen, grösseren Geheimnisses, das es wiederum zu entschlüsseln galt. Jeder Zuwachs an Wissen führte ihr nur mehr und mehr ihre eigene Unwissenheit vor Augen.

 

Wer war sie? Sie verstand Hunde, Katzen und Vögel als wäre sie mit ihnen verwandt. Die Scheuheit der Rehe und Füchse glich ihrer eigenen, ihr sanfter, glänzender Blick schien die Fülle widerzuspiegeln, nach der sie sich auf den Weg gemacht hatte.

Mit den Leidenden weinte sie – mit den Fröhlichen konnte sich sich oft nicht freuen, sie verstand sie nicht. Die wenigsten Freuden hatten eine Tiefe, dies sie nachvollziehen konnte. Sie sehnte sich nach der Auslöschung des Leides – Seligkeit wäre das einzige Lächeln, mit dem sie zufrieden gewesen wäre. Manchmal fand sie sie, ansatzweise, dann verlor sie sie wieder und wusste nicht, wo oder warum.

 

Irgendwann im Laufe der Jahre hörte sie auf zu fragen. Es war, wie es war. Sie fand, verlor, fand anderes, verlor auch das wieder.

Stille – immer wieder war es Stille, die sie ergriff, wie niemals zuvor etwas sie ergriffen hatte.

Es war, als wäre Stille, die innere Stille, der einzige Ausdruck von Liebe, den sie verstand.

Manchmal ergriff die Stille sie, wurde gross in ihr, wie der Geliebte gross und präsent ist im Denken und Fühlen der Liebsten.

Dann liess sie ich ergreifen, gab sich hin, verlor sich, wurde – Nichts. Nur in diesen seltenen, kostbaren Augenblicken fühlte sie sich vollständig und zu Hause: wenn Stille sie ergriff, barg und hielt.

Waren diese Moment vorüber, war sie wieder allein, Einzeln, ohne Bezüge, ohne Bindungen in der Welt.

Sie wollte nicht mehr leben – was nicht bedeutete, dass sie tot sein wollte. Physisches Sein war ihr gleichgültig. Sie wollte nicht mehr nach etwas streben, nichts mehr erreichen, niemanden mehr halten, sie wünschte nichts mehr – ausser zu Sein, endlos.

 

Sie war grösser, viel grösser, als ihr kleines Leben es ihr vorgegaukelt hatte.

Sie war nicht begrenzt auf die schwachen physischen Möglichkeiten ihres kranken Körpers.

Sie war nicht begrenzt auf irdische Wünsche.

Wie war nicht begrenzt auf ihre Vorstellungen.

 

Sie WAR.

Sie WAR Seele.

Sei WAR Geist.

Sie WAR endlos.

Sie WAR.

 

Als sie das begriffen hatte, liess sie los und ging davon….ihren Körper liess sie liegen, wie man etwas achtlos am Wegrand verliert.

 

Sie ging heim in die Stille, nach der sie sich immer ges

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